Vorerst kein Test der Fahrtauglichkeit bei Senioren

Experten gegen Fahreignungsprüfung für ältere Menschen

Bereits letztes Jahr wurde von Seiten der Bundesregierung heftig über das Thema Eignungstests für Senioren diskutiert. Die Experten des 55. Verkehrsgerichtstags in Goslar haben Ende Januar das Thema in ihre Agenda aufgenommen und der Bundesregierung eine Empfehlung über das heikle Thema ausgesprochen. Die Verkehrsexperten kamen während einer langen Sitzung zu einem eindeutigen Ergebnis. Zur Erhaltung der Mobilität, sei es nicht nötig, einen Test zur Prüfung der Fahrtauglichkeit für Senioren einzuführen. Jedoch sind nach Statistiken Senioren immer öfter in Verkehrsunfälle verwickelt. Aufgrund dieser Zahlen entbrannte in Deutschland eine Diskussion über einen möglichen Test zu Fahrtauglichkeit. Das Fahren im Alter ist mittlerweile ein sehr sensibles Thema geworden und Kritiker und Befürworter streiten sich um die Einführung eines verpflichtenden Eignungstests. Nun soll die EU für eine endgültige Klarheit sorgen. Doch welche Argumente sprechen eigentlich für und gegen einen Test?

Test zur Fahrtauglichkeit schränkt Mobilität ein

Unfallforscher, Mediziner, Juristen und Verkehrsexperten waren sich Ende Januar einig. Nach ihrer Meinung sind Eignungstests für Senioren nicht sinnvoll. Denn mit dem Entzug der Fahrerlaubnis würde den Senioren ein Stück ihrer persönlichen Freiheit genommen werden. Auch ältere Menschen haben ein Recht auf Selbstbestimmung. Zudem können Senioren ohne ein eigenes Auto keine Einkäufe erledigen und auch keine Freunde und Bekannte besuchen. Ein negativer Test zu Fahrtauglichkeit würde somit auch das soziale Leben von Senioren erheblich einschränken. Auch der ADAC spricht sich weiterhin gegen einen gesetzlichen Test zur Fahrtauglichkeit aus. Jeder Mensch, der sich in der Lage fühlt ein Fahrzeug zu steuern, sollte dies auch tun. Der Autoclub sieht in freiwilligen Tests und regelmäßigen Gesundheitsprüfungen eine bessere Lösung.

Freiwillige Rückmeldefahrten statt Eignungstests

Die Verkehrsexperten aus Goslar raten statt einem verpflichteten Test zu einer freiwilligen “Rückmeldefahrt”. Diese soll in einem vertrauten Umfeld nur zwischen den Senioren und den Fahrlehrern stattfinden. Unter vier Augen kann der Fahrlehrer dem Senior dann ein neutrales und hilfreiches Feedback zu seiner Fahrtauglichkeit geben. Die Auswertung des Fahrlehrers hat somit keine Folgen für die Fahrerlaubnis des älteren Menschen. Im Jahr 2015 gaben 9500 Autofahrer über 75 Jahren, freiwillig ihren Führerschein ab. Der ADAC befürwortet ein solches Vorgehen, da der Autoclub selbst bereits solche Fahrten als “FahrFitnessCheck” anbietet. Ein Test zur Fahrtauglichkeit wäre auch nur eine Momentaufnahme und je nach Verfassung der älteren Menschen höchst fehleranfällig. Überdies wäre die Fahrroutine von Senioren ein wichtiger Punkt bei der Diskussion. Dadurch würden sich die älteren Fahrer durch einen besonders besonnenen Fahrstil auszeichnen.

In anderen Ländern bereits verpflichtend

In Deutschland wird noch hitzig über einen Test diskutiert. Andere Länder in Europa wie die Niederlanden, Schweden oder auch Norwegen haben bereits verpflichtende Fahrtests für Senioren eingeführt. Ab einem Alter von 70 Jahren müssen sich dort Personen einer ärztlichen Untersuchung und einer Prüfung ihrer Fahrtauglichkeit unterziehen. In Spanien müssen Menschen ab einem Alter von nur 45 Jahren schon zu einem Gesundheitstest. Die Verkehrsexperten dagegen empfehlen alle zwei Jahre eine Untersuchung der Ohren und Augen. Zudem soll der Hausarzt regelmäßige Gesundheitschecks durchführen. Auch eine freiwillige Teilnahme an einer MPU wäre eine gute Möglichkeit zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit. Die Ergebnisse der MPU unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht und hätten keine Folgen für die Senioren.

Befürworter plädieren für die Einführung von Tests

In den letzten Jahren hat die Bundesregierung immer mehr auf freiwillige Tests der Senioren gehofft. Doch nur wenige lassen sich auch wirklich freiwillig testen. Die Befürworter fordern deshalb nun endlich einen verpflichtenden Test. Nach Meinung von Siegfried Brockmann, dem Leiter der Unfallforschung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist die Wahrscheinlichkeit zu groß, dass Senioren ihre Fähigkeiten überschätzen und deshalb eine Teilnahme an freiwilligen Tests verweigern. Heute verursachen Personen von über 75 Jahren drei von vier Unfällen selbst, an denen sie beteiligt sind. Diese Quote liege viel höher als bei der Hochrisikogruppe der jüngeren Fahrer. Auch sei jeder zweite Geisterfahrer älter als 65 Jahre. In Hinblick auf den demographischen Wandel und eine immer älter werdende Gesellschaft, müssen früher oder später verpflichtende Tests eingeführt werden.

Bundesregierung hat Angst vor älterer Generation

Viele Experten sehen in der Zögerung der Bundesregierung einen Akt der Angst. Denn der demografische Wandel in Deutschland und die damit immer älter werdenden Wähler sprechen aus Sicht der Bundesregierung wohl gegen die Einführung von Eignungstests. Bei der Bundestagswahl im Jahr 2013 waren bereits ein Drittel der Wähler über 60 Jahre. Zudem ist die Wahlbeteiligung in dieser Altersgruppe sehr hoch. Gerade CDU/CSU stehen in der Gunst der älteren Wähler. Deswegen wäre es wohl fatal, in Hinblick auf die nächste Bundestagswahl, diese Zielgruppe zu verärgern. Die EU sieht die Gefahrenlage jedoch anders und wird in Zukunft bei diesem Thema einschreiten. Diese fordert bereits jetzt schon die EU-Länder auf, die Fahrtauglichkeit von Personen ab 50 Jahren zu überprüfen. Wenn die EU einschreitet, könnte es dann bald auch Tests zu Fahrtauglichkeit in Deutschland geben. Unsere Nachbarn haben bewiesen, dass dies durchaus sinnvoll sein kann.