Abstinenznachweis sorgt für Verwirrung

Verunsicherung durch neue Regelungen

Seit gut zwei Jahren überarbeitet nun das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) schon die Rahmenbedingungen der MPU. Besonders die Regelungen für die Abstinenznachweise werden ständig verbessert. Im Jahr 2014 gab es weitreichende Korrekturen beim Thema “Abstinenznachweis”. Die Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie (DGVP) und die Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) veröffentlichten am 1. Mai 2014 die neuen Beurteilungskriterien zur “Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung”. Diese weitreichenden Neuregelungen der Abstinenznachweise führte bei den Betroffenen zu großer Verwirrung. Nach dem Verlust des Führerscheins müssen Fahrer, denen wegen Alkohol- und Drogendelikten die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, einen Abstinenznachweis vorlegen. In der Zeit vor und während der MPU wird dann festgestellt ob der Betroffen aus seinen Fehlern gelernt hat und ob er nun ohne diese Rauschmittel leben kann. Durch die Neuregelung gibt es jetzt Unstimmigkeiten.

Viele dieser Verkehrssünder sind sich nach der Einführung der neuen Kriterien nach wie vor nicht sicher, an welche Stelle sie sich wenden sollen, wenn sie einen Abstinenznachweis erbringen müssen. Überdies wurden einige Regelungen komplett überarbeitet.

Neuer Nachweiszeitraum und neue Einschränkungen

Die neuen Beurteilungskriterien veränderten vordergründig die Nachweiszeiträume, aber führten auch neue Beschränkungen ein. So änderte sich der Nachweiszeitraum bei den Haaruntersuchungen wegen Drogenmissbrauchs von zwölf Monaten auf sechs Monate. Deshalb werden jetzt statt den zwölf Zentimeter nur noch sechs Zentimeter untersucht. Der Zeitraum der Abstinenznachweise für Alkoholtäter blieb jedoch unverändert bei drei Monaten. Hierbei werden weiterhin nur drei Zentimeter analysiert.

Eine weitreichende Veränderung betraf die Analyse mit gebleichten Haaren. Diese werden im Rahmen der MPU nun nicht mehr gebilligt. Gefärbte Haare hingegen werden akzeptiert, wenn zusätzlich eine Urinprobe für die letzten sechs Monate abgegeben wird. Oder es erfolgt eine Haaranalyse von reinem Haar von sechs Zentimeter. Zudem muss nun jede Stelle am Ende des Abstinenzzeitraums einen Bericht anfertigen. In diesem müssen dann die Rahmenbedingungen des Programms, Informationen zu den analytischen Methoden und Fehlzeiten aufgeführt werden.

Keine Probenabnahme beim Hausarzt

Eine der gravierendsten Neuregelungen betrifft jedoch die Auswahl des Arztes wegen eines Abstinenznachweises. Konnte man bisher zu seinem behandelten Arzt gehen, muss nun ein Experte aufgesucht werden. So ist es jetzt nach Aussage der “Laborärztlichen Arbeitsgemeinschaft für Diagnostik” (LADR) nur noch Toxikologen und Ärzten mit einer speziellen Qualifikation oder Fortbildung gestattet, eine Begutachtung auf Fahreignung durchzuführen. In Deutschland gibt es aber nur ein sehr geringes Angebot an solchen Fortbildungen. Außerdem muss laut LADR die Probe bei einer neutralen Stelle abgenommen werden. Aus diesem Grund dürfen Hausärzte, suchttherapeutische Beratungsstellen und persönliche Therapeuten keine Probenabnahme durchführen.

Abstinenznachweis nur bei qualifizierten Ärzten

Viele Betroffene sind nun verwirrt. Welcher Arzt darf denn nun nach den neuen Beurteilungskriterien eine Probe abnehmen. Nach Aussage der LADR gibt es spezifische Qualifikationen die der Arzt haben muss, damit er den Abstinenznachweis durchführen darf. Dazu zählen Ärzte des Gesundheitsamts, Ärzte des öffentlichen Dienstes, sowie Ärzte der Verkehrs-, Rechts- und Arbeitsmedizin. Diese brauchen aber zusätzlich eine spezielle Qualifikation um die Probe entnehmen zu dürfen. Andere Personen mit Entnahme-Erlaubnis sind Ärzte der Führerscheinbehörde und Toxikologen eines für forensiche Zwecke eingerichtetes Labors. Nach § 11 (2) der Fahreignungsordnung kann jedoch auch ein Arzt oder Toxikologe die Probennahme durchführen, wenn dieser qualifizierte Weiterbildungen zum Thema Abstinenzkontrollen vorweisen kann.

Welche Stellen sind nun geeignet?

Trotz der Arztliste seitens des LADR sind viele MPU-Prüflinge weiterhin verwirrt. Welche Stelle ist nun wirklich geeignet für den Abstinenznachweis? Am besten wendet man sich an den TÜV, die DEKRA oder gleichartige Institutionen. Aber auch die Gesundheitsämter oder auch rechtsmedizinische Einrichtungen sind geeignet.

Kritik an den neuen Beurteilungskriterien

Die MPU bleibt in Deutschland weiterhin ein zweischneidiges Schwert. Viele Bürger halten die Rahmenbedingungen der MPU für sinnvoll und gerechtfertigt. Die Betroffenen hingegen sehen darin immer noch eine Gängelung seitens des Staats. Vor allem die Abstinenznachweise haben seit jeher einen schlechten Ruf. Über die Neuregelung der Beurteilungskriterien wurde auch heftig diskutiert. Viele Kritiker sind der Meinung dass die ständigen “Verschlimmbesserungen” zu einer Überregulierung führen kann. Auch die neuen Qualifikationsanforderungen für die Probenabnahme bei Abstinenznachweisen werden stark kritisiert. Vor allem die Landbewohner würden unter diesen neuen Vereinbarungen leiden. So könnte es in ländlichen Gebieten zu einer Unterversorgung kommen, da es zu wenige Ärzte gäbe, die eine entsprechende Qualifikation besäßen.

In jedem Fall reißen die Diskussionen rund um die Regelungen der MPU nicht ab. Und weitere Brennpunkte warten schon auf neue Diskussionen. Die MPU-Reform 2017 und weitere Neuregelungen werden auch in Zukunft wieder für jede Menge Gesprächsstoff sorgen.